Verjährungsfristen – zu spät ist zu spät
Mit dem zum 01.01.2002 in kraft getretenen Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
wurde auch der gesamte gesetzliche Komplex der Verjährungsvorschriften
vollständig überarbeitet. Die wichtigsten Neuerungen sollen nachfolgend
aufgezeigt werden.
Verjährung bedeutet zunächst, dass der Anspruch, egal, ob es sich um Geld,
Mängelbeseitigung oder Herausgabe handelt, zwar nicht untergeht, aber auch nicht
mehr durchgesetzt werden kann. Soweit der Schuldner also nicht freiwillig
leistet, geht der Einspruch verloren.
Nach früherem Recht betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre, nunmehr
wurde diese auf 3 Jahre verkürzt. Diese Verkürzung auf 1/10 wirkt aber nur auf
den ersten Blick als eine massive Veränderung. Nach altem Recht galten nämlich
für die meisten Forderungen, mit denen der Normalbürger zu tun hatte,
gesetzliche Sonderregelungen, wonach die Ansprüche entweder nach 2 Jahren bei
den meisten Zahlungsforderungen bzw. nach 4 Jahren, beispielhaft für Miete und
Pacht, Besoldungen oder Unterhalt, verjährten. Die vormals nach 2 Jahren
verfallenen Ansprüche, besonders der Handwerker, Kaufleute, Ärzte, Rechtsanwälte
und Notare, verlängern sich somit sogar um 1 Jahr, die Verkürzung für
rückständige Miete oder Pacht beträgt andererseits auch nur 1 Jahr.
10 Jahre beträgt hingegen die Verjährungsfrist bei Rechten an Grundstücken, also
zum Beispiel der Anspruch auf Eigentumsübertragung oder Zahlung des Kaufpreises
aus einem Grundstücksverkauf. Bei 30 Jahren ist es im Verjährungsrecht geblieben
bei Herausgabeansprüchen aus Eigentum, familien- und erbrechtlichen Ansprüchen
sowie fast allen durch Urteil, vollstreckbaren Vergleich oder
Vollstreckungsbescheid rechtskräftig festgestellten Ansprüchen. Wer also vor
Eintritt der regelmäßigen Verjährung von 3 Jahren durch ein gerichtliches
Verfahren in den Besitz eines rechtskräftigen Titels gelangt ist, kann, wie
bisher, seine so gesicherte Forderung noch 30 Jahre lang durchsetzen.
Ausnahme hiervon bleibt, wie auch nach früherem Recht, der Anspruch auf
wiederkehrende Leistungen, Miete, Pacht und Unterhalt. Hier verlängert die
Schaffung des vollstreckbaren Titels die regelmäßige Verjährungsfrist nicht.
Sonderregelungen zur regelmäßigen Verjährung bestehen bei Kauf und
Werkvertragsrecht. Mängelbeseitigungsansprüche beim Kauf eines Bauwerks bzw. aus
der Mangelhaftigkeit resultierende Schadensersatzansprüche verjähren erst nach 5
Jahren, bei anderen Kaufgegenständen, also beweglichen Waren, auch PKW,
allerdings schon nach 2 Jahren.
Ähnliches gilt auch beim Bauvertrag. Die Gewährleistungsansprüche des Bauherrn
bei einem BGB-Werkvertrag verjähren auch weiterhin erst nach 5 Jahren.
Für die regelmäßige, dreijährige Verjährungsfrist gilt als Beginn des Laufs
dieser Frist, wie bei den früheren 2- bzw. 4-jährigen Fristen, der 1. Januar des
Kalenderjahres, nachdem der Anspruch entstanden ist, also die Fälligkeit der
Rechnung oder der Verkehrsunfall, bei dem der PKW beschädigt oder der
Verkehrsteilnehmer verletzt wurde.
Insbesondere die relativ kurze 3-jährige Verjährungsfrist, aber auch die
Sondervorschriften für Kauf- und Werkvertrag, können sich allerdings auch
weiterhin durch entsprechende Tätigkeiten und Maßnahmen des Gläubigers
verlängern. So wird der Lauf der Verjährungsfrist „angehalten“, wenn zwischen
Schuldner und Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch geführt werden,
beispielhaft die Frage, ob ein Mangel vorliegt oder der Unternehmer versucht,
diesen zu beseitigen, weiterhin auch durch die Erhebung einer Klage oder die
Zustellung eines Mahnbescheids.
Erkennt der Schuldner seine Zahlungspflicht oder Nachbesserungspflicht an,
beginnt der Lauf der Verjährungsfrist sogar wieder von vorn.
Wie immer gibt es auch bei Verjährungsfristen eine ganze Reihe an
Sondervorschriften und Ausnahmeregelungen, die an dieser Stelle nicht umfassend
dargestellt werden können. Soweit also Zweifel aufkommen können, ob ein Anspruch
noch durchgesetzt werden kann oder, aus umgekehrter Sicht, die Forderung
aufgrund eingetretener Verjährung wirksam verweigert werden kann, sollten Sie
auf jeden Fall zuvor einen Rechtsanwalt aufsuchen und dessen Rat einholen.
Rainer Ellermann
Rechtsanwalt